Die Garnison Halle (Saale) zwischen 1919 und 1939

Inhalt

1. Vorwort
2. Einleitung
3. Die Reichswehr in Halle
4. Die Wehrmacht in Halle
5. Zusammenfassung

1. Vorwort

Militärgeschichte ist eine wichtige Komponente der Historie einer Region. Das Militär beeinflusst das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in einem bedeutenden Maße, es kann zur Entwicklung, aber auch zur Zerstörung einer Region beitragen. Zu dem von mir betrachteten Zeitraum ist zur Militärgeschichte Halles bisher noch kein Beitrag eines relevanten Umfanges geleistet worden. Dies ist nicht zuletzt in der Vernachlässigung der regionalen Militärgeschichte neuerer Zeit in der Geschichtsschreibung der DDR begründet. Meine Arbeit kann allerdings nicht den Anspruch einer umfassenden Darstellung der Militär- oder Garnisonsgeschichte Halles erheben, sondern nur den Beginn einer solchen darstellen. In der mir zur Verfügung stehenden Zeit und mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln konnte ich weder eine, für ein solches Unterfangen notwendige Sichtung aller relevanten Materialien in den zuständigen Archiven durchführen, noch die in Frage kommende Literatur konsumieren, welche selbst in der an sich gut situierten Deutschen Bücherei Leipzig nur mit Mühe und großem Zeitaufwand zu erlangen ist. Für die weitere Bearbeitung dieses Themas ist hauptsächlich das Studium der relevanten Archivalien notwendig. Deshalb möchte ich auf Material hinweisen, auf das ich während meiner Recherchen im Landeshauptarchiv Magdeburg gestoßen bin, aber für diese Arbeit nicht mehr nutzen konnte.

- Die Ausführung der Anordnungen über das Verhalten der Zivilbehörden bei einer feindlichen Invasion 1866-1925 (Rep. C 48 Ia Nr. 34);

- Kriegsgräberfürsorge 1920-28 (Rep. C 48 Ib Nr. 133); 

- Kriegsbeitrag der Gemeinden 1939-44 (Rep. C 48 Ib Nr. 153).

Bedanken möchte ich mich bei Herrn Kapitänleutnant Ingo Wolf, Jugendoffizier im Verteidigungsbezirkskommando 81, für die Überlassung von Rechercheergebnissen des Militärgeschichtlichen Instituts Potsdam.

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2. Einleitung

Das Militär ist für die Entwicklung einer Gemeinde stets ein bedeutender Faktor. So vermag allein der Aufenthalt von Offizieren und Mannschaften, die schließlich auch Konsumenten von Waren und Dienstleistungen sind, die Wirtschaftskraft der Stadt erheblich zu steigern. Aber auch Gebäude, die zu militärischen Zwecken errichtet werden, prägen das Bild einer Stadt im besonderen Maße. Im Konfliktfalle kann das Militär einschließlich seiner Einrichtungen aber auch zum Ziel feindlicher Angriffe werden. Dies kann dann auch Auswirkungen auf den das Militär beherbergenden Ort haben. Die Beziehungen von Militär und Gemeinde tragen jedoch nicht nur ausschließlich wirtschaftlichen oder institutionellen Charakter, sondern können auch Einfluss auf die gesellschaftliche Atmosphäre in der Stadt ausüben. So vermögen Offiziere und Mannschaften, wenn ihre Anzahl in einem günstigen Verhältnis zu der Größe der Stadtbevölkerung steht, das Leben in dieser Gemeinde entscheidend mitzuprägen, obwohl sie im eigentlichen Sinne nicht zu der Stadtbevölkerung gehören. Auch kann die Anwesenheit von Militär in Krisensituationen disziplinierende Wirkung auf die örtliche Bevölkerung ausüben, andernfalls können Garnisonsstädte während sozialer Unruhen auch zu Zentren der Auseinandersetzung zwischen den sich erhebenden sozialen Gruppen und der Staatsgewalt, die ja von dem Militär repräsentiert wird, werden. Zwischen einer Garnison und der sie beherbergenden Gemeinde bestehen vielfältige Beziehungen, die - je nach Situation - vorteilhafte oder nachteilige Wirkungen auf die Partner haben können. Halle war - obwohl die Anwesenheit von Militär über einen langen Zeitraum nachzuweisen ist - zumindest im betrachteten Zeitraum keine ausgesprochene Garnisonsstadt. Das Bild Halles ist nur an wenigen Stellen von militärischen Einrichtungen gezeichnet worden, so z. B. von den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Reil- und der Merseburger Straße, sowie am Roßplatz errichteten Kasernenbauten, die durch die zeitlich später entstandene Bebauung der Stadt in deren Ensemble einbezogen wurden. An der Peripherie der Stadt wurden im betrachteten Zeitraum weitere militärische Objekte errichtet, die den Anforderungen der zu dieser Zeit in die Streitkräfte aufgenommenen technischen Neuentwicklungen entsprechen mussten. Die Beeinflussung der gesellschaftlichen Atmosphäre in der Stadt durch das anwesende Militär ist zumindest für den betrachteten Zeitraum wenig überliefert.

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3. Die Reichswehr in Halle

Nach der Beendigung des ersten Weltkrieges und der Konstituierung der deutschen Nationalversammlung in Weimar versuchte man auch das deutsche Militär den veränderten politischen Bedingungen anzupassen. Am 6. März 1919 wurde das Gesetz über die Vorläufige Reichswehr verkündet, das zunächst bis zum 31. März 1920 befristet war. Nach Ablauf dieser Frist wurde es aber vom Reichstag bis zur Verkündung eines endgültigen Reichswehrgesetzes verlängert , da die unruhige Lage nach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch eine weitere Umstrukturierung der Reichsarmee erschwerte. Am 29. September 1919 wurde im Heeresverordnungsblatt die Gliederung der Vorläufigen Reichswehr veröffentlicht, welche aus einer Anzahl weitreichenderer Vorstellungen entstand. Demnach waren die Gebiete des Landes und der Provinz Sachsen dem Wehrkreis IV mit Sitz in Dresden zugeordnet. In diesem Wehrkreis waren die kleinen Reichswehrbrigaden 12 und 19, sowie die großen Reichswehrbrigaden 4 und 16 stationiert. Die Befehlsgewalt über diesen Wehrkreis hatte der Kommandeur der Reichswehrbrigade 16, welche als Folge der deutschen Gebietsverluste von Metz nach Weimar verlegt worden war. Kleine Reichswehrbrigaden unterschieden sich von großen Reichswehrbrigaden dadurch, dass die einen zwei, die anderen drei Infanterie-Regimenter bargen. Diese Infanterie-Regimenter, insgesamt gab es innerhalb der Vorläufigen Reichswehr 54, wurden von dem Infanterie-Führern der Reichswehrbrigaden geführt. In Halle waren zur Zeit der Vorläufigen Reichswehr das Infanterie-Regiment 31 und Teile der Reichswehr-Brigade 16 nachzuweisen. So waren in Halle das leichte Artillerie-Regiment der Reichswehrbrigade 16, welches vom Artillerie-Führer der Reichswehrbrigade befehligt wurde, sowie der Reichswehrbrigade direkt unterstellte Truppen, wie das Kavallerie-Regiment 16 und das Pionier-Bataillon 16, stationiert. Ein Infanterie-Regiment bestand in der Regel aus dem Stab; der Nachrichten-Kompanie; aus zwei bis sechs Bataillonen zu je drei Schützen- und einer Maschinengewehr-Kompanie; sowie einem Infanteriegeschütz- bzw. Infanteriebegleit-Bataillon mit sechs Geschützen. Die Soll-Stärke eines Infanterie-Bataillons betrug 23 Offiziere, 186 Unteroffiziere und 886 Mann, weiterhin sollte es mit 54 leichten und 9 schweren Maschinengewehren bewaffnet sein. Ein leichtes Artillerie-Regiment bestand aus einer Batterie mittlerer Mienenwerfer mit vier Werfern, dies war mit drei Offizieren, 94 Unteroffizieren und Mannschaften besetzt. Weiterhin bestand das Regiment aus drei Abteilungen zu je drei Batterien mit je vier Geschützen, wovon ca. 1/3 Feldhaubitzen und 2/3 Feldkanonen waren. Jede Batterie sollte mit 6 Offizieren, 107 Unteroffizieren und Mannschaften ausgestattet sein. Teilweise waren in den Kompanien auch leichte Munitionskolonnen vorhanden. Das der Reichswehrbrigade direkt unterstellte Kavallerie-Regiment bestand aus drei Eskadronen und einer Kavallerie-Maschinengewehr-Abteilung, welche mit 12 leichten und 9 schweren Maschinengewehren bestückt war. Die personelle Ausstattung betrug 30 Offiziere zu 645 Mann. Das ebenfalls direkt unterstellte Pionier-Bataillon bestand aus zwei Kompanien, dem Beleuchtungstrupp bzw. Scheinwerferzug und dem Brückentrain. Diese waren mit 8 leichten und 6 schweren Maschinengewehren ausgerüstet, die personelle Stärke betrug 18 Offiziere und 424 Mann. Als Unterkünfte haben die erwähnten Kasernenkomplexe Merseburger Straße, Ecke Artilleriestraße; Reilstraße sowie Roßplatz gedient. Aus dieser für Halle so bewegenden nachrevolutionären Zeit wird in der Literatur nur wenig von aktiven Eingriffen des örtlichen Militärs in das gesellschaftliche Geschehen berichtet. So gingen die Truppen des Landjägerkorps Maercker während des mitteldeutschen Generalstreiks im Februar 1919 gegen die für Sozialisierung streikenden und demonstrierenden Werktätigen vor. Während des Kapp-Lüttwitz-Putsches hatte sich der Garnisonsälteste und Kommandeur des Infanterie-Regiments 31 Oberst Hermann Czettritz offen den Putschisten, der sogenannten 'neuen Regierung', zur Verfügung gestellt. Er organisierte paramilitärische Einwohnerwehren, die er zur Besetzung strategisch wichtiger Punkte in der Stadt, wie der Hauptpost in der Großen Steinstraße, und zu Wachen und Patrouillen verwendete. Insgesamt standen ihm ca. 4500 Soldaten und Freiwillige zur Verfügung. In einem Aufruf an die Stadtbevölkerung rief er zu 'Ruhe und Ordnung' auf. Weiterhin untersagte er öffentliche Veranstaltungen und ließ Zeitungen und Flugblätter zensieren. Im weiteren Verlaufe des andauernden Putsches in Berlin verdichtete Czettritz sein Netz von Stützpunkten, wobei er u. a. einbezog: Die Franckeschen Stiftungen, die Polizeidirektion, das Landgericht und die Eisenbahndirektion. Am 16. März 1920 wurde von ihm, dem Inhaber der militärischen Gewalt, der Ausnahmezustand proklamiert. In der Nacht vom 17. zum 18. März 1920 kam es dann offenbar zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Reichs- bzw. Einwohnerwehr und Putschgegnern, so am Marktplatz und in der Großen Ulrichstraße. Ab dem 19. März 1920 kam es dann zu schweren Kämpfe zwischen aus der halleschen Umgebung zusammengezogenen Arbeiterwehren und der Reichswehr. Hauptsächlich im Süden der Stadt, am Rosengarten und im Bereich Wörmlitz/Böllberg kam es zu stellungskampfartigen Auseinandersetzungen. Auch an anderen Stellen der Stadt wurde in diesen Tagen zwischen der ca. 2000 Mann starken Truppe der Putschgegner und der Czettritz-Truppe gekämpft, so u. a. in der Reilstraße, am Steinweg, auf dem Markt und in der Burgstraße. Die Arbeitertruppe konnte augenscheinlich weitere Erfolge verzeichnen, denn Melder des Garnisonskommandos wollen sie in verschiedenen Straßen der Innenstadt gesichtet haben. Oberst Czettritz startete am 21. März 1920 eine konzentrische Gegenoffensive von der Innenstadt aus in Richtung Norden und Westen. Die Reichswehrtruppen erlangten durch eine aus Magdeburg anrückende Verstärkung von ca. 1000 Mann wieder die Überlegenheit in der Kampfführung. Die bewaffneten Auseinandersetzungen wurden schließlich am Abend des 22. März 1920 a. G. von Nachschubmangel und uneinheitlicher Befehlsführung auf Seiten der Arbeiterwehren eingestellt. Der den Wehrkreis IV seit dem 1. November 1919 kommandierende ehemalige Landjägerkorpsführer Generalmajor Georg Maercker musste am 8. April 1920 a. G. seines Verhaltens während des Putsches seinen Abschied nehmen.

Gemäß den Festlegungen des Friedensvertrages von Versailles, in denen es heißt: "... das deutsche Heer [darf] nicht mehr als sieben Infanterie-Divisionen und drei Kavallerie-Divisionen umfassen ... nicht einhunderttausend Mann überschreiten..." , wurde die Reichswehr zum 1. Oktober 1920 umstrukturiert., so wie dies am 27. September 1920 von Reichspräsident Ebert genehmigt wurde. In der 'Stellenbesetzung für das Reichsheer' war kein Standort in Halle mehr nachzuweisen, somit ist davon auszugehen, dass die vormals in Halle stationierten Verbände aufgelöst oder verlegt wurden. Die neue Struktur wurde am 23. März 1921, rückwirkend zum 1. Januar 1921, mit dem neuen Wehrgesetz manifestiert. Im Zuge der Abrüstungsmaßnahmen wurde - gemäß Artikel 198 des Versailler Vertrages - auch die 1916 errichtete Fliegerstation geschlossen. Die zu dem westlich von Mötzlich gelegenen Flugplatz gehörenden zehn Flugzeughallen mussten abgebrochen werden. Die Werfthalle des Flugplatzes wurde von der nun auf diesem Gelände tätigen Bauausführungsgenossenschaft Halle a. d. Saale als Lager für ihren holzverarbeitenden Betrieb genutzt, den sie hier errichtet hatte. Diese ehemalige Flugzeugwerfthalle musste 1921 zweimal, a. G. von Verfügungen der interalliierten Kommission zur Kontrolle der Durchführung der Abrüstungsmaßnahmen in Deutschland, die sie nach Besichtigung der ehemaligen Werfthalle erlassen hatte, umgebaut werden. Weiterhin wurden in den sich auf dem Flugplatzgelände befindlichen Unterkunftsbaracken Wohnungen durch die Mitteldeutsche Bauanstalt errichtet. Die verwaisten halleschen Kasernenkomplexe wurden nun von der kasernierten Schutzpolizei genutzt, von der in Halle sieben Hundertschaften, davon eine berittene, stationiert waren. Die 1899 erbaute ehemalige Feldartillerie-Kaserne an der Merseburger Straße/Ecke Artilleriestraße wurde in den 20er Jahren als 'Polizeiunterkunft Süd' genutzt. Hier wurden auch mehrere Umbauten für polizeiliche Zwecke durchgeführt. Weiterhin wurde auf diesem Gelände durch Umbau eines Gebäudes Wohnraum geschaffen, der wahrscheinlich für Polizeibedienstete vorgesehen war. Im Flügel zur Artilleriestraße wurde 1928 vom Magistrat der Stadt Halle ein Obdachlosenasyl eingerichtet. In der Kaserne Reilstraße war ebenfalls, neben Umbauten für polizeiliche Zwecke, die Schaffung von Wohnungen für Polizeibedienstete im Jahre 1926 nachzuweisen. Weiterhin befand sich auf diesem Gelände ab der zweiten Hälfte der 20er Jahre eine Reit- und Fahrschule. In den 30er Jahren beherbergte diese Kaserne auch eine Polizeiwäscherei. 1943 wurde hier eine Tankstelle für polizeiliche Zwecke eingerichtet, wobei es sich um die Verlegung der Polizeitankstelle aus der Polizeiwache Beesener Straße handelte. Die Kaserne Roßplatz wurde als 'Polizeiunterkunft Nord' genutzt. Das Gebiet des nunmehr entmilitarisierten Halle gehörte in der Weimarer Republik zu dem Generalkommando 1 in Berlin und zu dem Wehrkreis IV, dessen zugeordnete IV. Division ihren Sitz in Dresden hatte.

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4. Die Wehrmacht in Halle

Mit der 'Machtergreifung' der Nationalsozialisten Ende Januar 1933 ergab sich für das deutsche Militär die Möglichkeit zur Überwindung der die Armee und ihre Rüstung beschränkenden Bestimmungen des Versailler Vertrages. Die Revision der Versailler Bestimmungen wurde von Hitler auch ausdrücklich beabsichtigt, wie dieser hohen Reichswehrgenerälen bereits am 3. Februar 1933 ausdrücklich versicherte. Die seit Anfang der 30er Jahre nachzuweisenden Überlegungen der Reichswehrführung zu einem strukturellen Umbau der Truppe, der Aufstellung von Truppenteilen mit moderner Bewaffnung, wie Kradschützen, Panzerabwehr, Flakartillerie oder Flieger, was dem Bruch der Verbotsbestimmungen im Versailler Vertrag gleichkam, konnten nun mit voller politischer Rückendeckung forciert ausgeführt werden. Ende des Jahres 1933 wurden die Planungen zur Aufstellung eines 21 Divisionen, also ca. 300 000 Mann, starken Friedensheeres - im Gegensatz zu einem bis zu diesem Zeitpunkt favorisierten gleichstarken Kriegsheer - konkret. Einjährig dienende Wehrpflichtige sollten das Groß der Mannschaften der Truppe ausmachen. Da die personelle Soll-Stärke für ein derart vergrößertes Heer erst mittelfristig erreicht werden konnte, sollte zunächst der Rahmen für dieses geschaffen werden. Der am 18. Dezember 1933 erlassenen Weisung über den beschleunigten Umbau des Heeres folgten eine Vielzahl von Überlegungen und Vorschriften zur Gliederung, Ausbildung, Stellenbesetzung und Ausrüstung der Reichswehr. Für die Unterbringung sollten beispielsweise mittlere und kleine Städte bevorzugt und die Standorte des alten Heers wieder genutzt werden. 1934 wurde der Termin für die endgültige Aufstellung des 21-Divisionen-Heeres, von Hitler selbst veranlasst, vom Jahre 1937 auf den Herbst 1935 vorgezogen. Im Jahr 1935 war in Halle die Absicht des Heeresbauamtes Leipzig zu verzeichnen, die Kaserne Roßplatz mittels Maschendrahtzäunen und versenkten Betonplatten zu umwehren. Diese Arbeiten dienten zur Vorbereitung dieses Kasernenkomplexes auf die Unterbringung des Panzerabwehr-Bataillons 14. Die ab 1934 neu aufgestellten Panzerabwehr-Bataillone waren zunächst nicht in die Struktur einer Infanterie-Division eingebunden, also direkt einem Gruppenkommando oder Wehrkreis unterstellt. Diese, wie auch andere Neuaufstellungen, gingen zunächst aus Abgaben von Truppen und Gerät bestehender Formationen hervor. In der personellen Struktur der Truppe herrschte ein großes Defizit, im Vergleich zu der planmäßigen Stärke der Formationen, vor. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 1935 führte zwar zu einer leichten Entspannung dieser Situation, konnte diese jedoch nicht beseitigen, da der Ausbau der Personalstärke der nun als Wehrmacht bezeichneten Truppe stetig gesteigert wurde. Außerdem führte diese Entwicklung zu einem starken Absinken des Anteils von Offizieren gegenüber dem '100.000-Mann-Heer' der Weimarer Republik. "Mit dem 'Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht' vom 16. März 1935 verließ die deutsche Aufrüstung ihr Tarnstadium." Neben der oben erwähnten Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden nun auch die Reichswehr offiziell als Wehrmacht, das Reichswehrministerium als Reichskriegsministerium und das Truppenamt als Generalstab des Heeres bezeichnet. Neben dem oben erwähnten Panzerabwehr-Bataillon 14 befanden sich nach 1935 auch eine Sanitätsstaffel, eine Wehrwirtschaftstelle des Oberkommandos der Wehrmacht, eine Transportkommandantur des Oberkommandos des Heeres und die Heeresnachrichtenschule mit Lehr- und Versuchsabteilung in Halle. Die Panzerabwehr-Bataillone waren mit Panzerabwehrkanonen von 3,7 cm Kaliber und leichten Maschinengewehren ausgerüstet. Die 3,7-cm-PaK wurde, a. G. ihrer geringen Durchschlagskraft, ab 1939 durch eine 5-cm-PaK ersetzt. Bewegt wurden die Geschütze zunächst von dreiachsigen Protzfahrzeugen mit Munitionskästen, später wurde zur Hebung der Beweglichkeit der Geschütze eine leicht gepanzerte Selbstfahrlafette eingesetzt, die allerdings für den Kriegseinsatz unzureichend ausgerüstet war. In der Sanitätsstaffel waren in Friedenszeiten das militärische Sanitätspersonal der Lazarette und der Truppenkrankenreviere zusammengefasst. Die Amtsgruppe Wehrwirtschaftsstab beim Oberkommando der Wehrmacht unterhielt in den Wehrkreisen Wehrwirtschaftsinspektionen, denen die Wehrwirtschaftsstellen untergeordnet waren. In Halle nahm eine Wehrwirtschaftsstelle Anfang 1938 ihr Domizil im Geschäftshaus Universitätsring 1. Die Transportkommandantur des Oberkommandos des Heeres war eine Untergliederung der 5. Abteilung 'Transport' des Generalstabes des Heeres, welche für die Planung von Eisenbahnaufmärschen und Transportbewegungen in Friedenszeiten verantwortlich zeichnete. Die Heeresnachrichtenschule war eine der vielen Waffenschulen des Heeres, die aus der Notwendigkeit heraus gegründet worden waren, Offiziere und Unteroffiziere für das stark erweiterte Heer heranzubilden, die über umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet dieser Waffengattung verfügten, da diese zum Teil mit neuen Techniken arbeitete. Die zu jeder Waffenschule gehörenden Lehr- und Versuchsabteilungen waren keinem Großverband unterstellt. Zu Beginn des Krieges erreichten sie insgesamt fast die Stärke eine Division. Der Regierungsbezirk Merseburg, damit auch Halle, blieben im III. Reich auch weiterhin Bestandteil des Wehrkreises IV mit Sitz in Dresden. Die neuaufgebaute und in Leipzig stationierte 14. Division bezog beiderseits der preußisch-sächsischen Grenze Standorte , deshalb ist zu vermuten, dass zumindest die in Halle stationierte Sanitätsstaffel Bestandteil dieser Division war, es ist aber wahrscheinlich, dass auch das Panzerabwehr-Bataillon 14 dieser Division angegliedert worden war, die übereinstimmende Nummerierung weist darauf hin.

Die Luftwaffe wurde ab 1933 rasant errichtet. Das am 5. Mai 1933 errichtete Reichsluftfahrtministerium baute unter der Leitung von Hermann Göring bis Anfang 1935, quasi vom 0-Punkt ausgehend, einen relativ starken dritten Wehrmachtsteil auf. Mit einem Erlass vom 26. Februar 1935 wurde die bis dahin getarnt fungierende Luftwaffe offiziell den anderen beiden Wehrmachtsteilen zur Seite gestellt. Obwohl diese weiterhin dem Reichsluftfahrtministerium angegliedert war, stand dessen militärischer Teil unter Befehl des Oberkommandos der Wehrmacht. Die Angehörigen der Luftwaffe wurden am 1. März 1935 als Soldaten vereidigt. In Halle war ab 1936 die Luft-Nachrichten-Schule mit zugehörigem Luft-Nachrichten-Versuchs-Regiment, dieses allerdings nur bis zum 1. April 1938, stationiert. Diese Schule hatte eine entscheidende Bedeutung für den Aufbau eines für die Luftwaffe elementar wichtigen Kommunikationssystems. Weiterhin sind in Halle die Luft-Kriegsschule 13 für Offiziere und Fahnenjunker, eine Waffenmeisterschule und eine Feuerwerkerschule der Luftwaffe, sowie das Flak-Regiment 33 nachzuweisen. Halle gehörte mit seinem Territorium zum Luftgaukommando IV in Dresden und zum Luftwaffengruppenkommando 1 bzw. Ost in Berlin.

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5. Zusammenfassung

Halle war zwar während des betrachteten Zeitraums von 20 Jahren nur ganze sieben Jahre Standort von militärischen Formationen und Einrichtungen, doch lassen sich zwischen den beiden Abschnitten der Stationierung, einmal der Vorläufigen Reichswehr (1919/20) und andererseits der Wehrmacht (1935-39), entscheidende Differenzen feststellen. Waren in den Truppen der Vorläufigen Reichswehr, die in Halle stationiert waren, die herkömmlichen Waffengattungen dominierend , so waren die Truppen der Wehrmacht, die in Halle zu verzeichnen waren, doch eher den neu entstandenen Waffengattungen zuzurechnen, wie z. B. das Panzerabwehr-Bataillon und die Heeresnachrichtenschule. Die in Halle stationierten Truppen und Einrichtungen der bis 1935 getarnt aufgebauten Luftwaffe, die an die Tradition der 1916 begründeten Fliegerstation anknüpften, sind ebenfalls unter diesem Aspekt zu betrachten. Weiterhin lässt sich konstatieren, dass Halle zwischen 1935 und 1939 dem Heer und der Luftwaffe hauptsächlich als Ausbildungsstandort diente (Heeresnachrichten-, Luftnachrichten-, Luftkriegs-, Waffenmeister- und Feuerwerkerschule), was sich deutlich von dem reinen Garnisonscharakter der 1919/20 hier stationierten Formationen der Vorläufigen Reichswehr abhob. Die Offiziere der hier stationierten Formationen der Vorläufigen Reichswehr waren eher dem konservativen, republikverneinenden politischen Spektrum der Weimarer Republik zuzurechnen. Dies liegt hauptsächlich in dem traditionsverbundenen Elitebewusstsein des Offizierskorps der traditionellen Waffengattungen (Infanterie, Kavallerie) begründet, für das die adlige Herkunft ein wichtigerer Qualifikationsnachweis für den Zugang und die Akzeptanz in diesem Kreis war, als eine profunde militärische Ausbildung. Dagegen ist den Offizieren der neuaufgestellten Panzerabwehr-, Flieger, und Flak-Truppe, wie auch dem Personal der militärischen Schulen der in Halle stationierten Wehrmacht eher eine regimebejahende Einstellung zuzuschreiben. Dies ist zu vermuten, da zumindest in diesen Wehrmachtsteilen ein hoher militärwissenschaftlicher und technischer Ausbildungsstand von Nöten war, um der, insbesondere bei der Luftwaffe, aber auch im Nachrichtenwesen, sich ständig verkomplizierenden Technik gewachsen zu sein. Weiterhin hat es zu dieser Zeit in der Wehrmacht eine ideologische Ausbildung gegeben, die sich hauptsächlich auf Unteroffiziere und Offiziere konzentrierte. So ist davon auszugehen, dass besonders unter dem Lehrpersonal der Schulen ein relativ hoher Grad an Regimetreue vorhanden war. Freilich können die obigen Aussagen nur generalisierend und nicht allgemeingültig sein. Trotzdem sind für diese Hypothese, zumindest für die Vorläufige Reichswehr in der Weimarer Republik, Indizien (s. o.) vorhanden. Resümierend kann man feststellen, dass Halle in der Weimarer Republik lediglich für die Vorläufige Reichswehr 1919/20 eine relativ geringe Bedeutung als Garnisonsstandort gehabt hatte. Die nach Innen gerichteten Aufgaben dieser Truppenteile wurden nach deren Auflösung Ende 1920 von kasernierten Polizeitruppen übernommen. Für die Wehrmacht hatte Halle als Ausbildungsstätte, zumindest für die Nachrichtentruppen des Heeres und der Luftwaffe, da sich hier die jeweils einzigen Schulen im Reich befanden , einen relativ hohen Stellenwert. Die anderen Ausbildungseinrichtungen der Luftwaffe waren in eine Reihe weiterer Schulen eingeordnet. Ihre Bedeutung war also wesentlich geringer, als die der Nachrichtenschulen. Als Garnisonsstadt im eigentlichen Sinne hatte Halle während dieser Periode also nur sehr geringe Bedeutung gehabt.

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© Olaf Freier (1993)